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Was ist ein gerechter Lohn?

Die Frage ist nicht leicht zu beantworten – Die Ökonomie macht Lohngerechtigkeit an fünf Kriterien fest.

Die großen Lohnunterschiede im Land beschäftigen die Menschen. Kein Tag ohneneue Nachrichten zu diesem Thema. Die Ärzteschaft fordert höhere Vergütungen – obwohl sie schon im Durchschnitt ihrer Einkommen nahezu dreimal mehr verdient als jeder andere akademische Beruf. Kleine Einzelgewerkschaften legen nahezu ganz Deutschland lahm, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Vorstände großer Unternehmen erhöhen sich um 30 Prozent ihre Bezüge oder kassieren nach Fehlverhalten große Abfindungen. Millionen Menschen kassieren in Deutschland Leistungen vom Staat oder können von ihrer Vollbeschäftigung nicht leben – ihre Löhne werden aufgestockt.

Ihnen stehen 15 000 Einkommensmillionäre in Deutschland gegenüber. Ist die Arbeit eines Bankvorstandes wirklich 1000-mal mehr wert als die eines Maschinenbedieners oder eines Krankenpflegers? Gehört zur Diskussion um Mindestlöhne nicht auch eine über Maximallöhne?

Die Wissenschaft, insbesondere die Ökonomie, gibt keine eindeutige Antwort zur Frage der  Lohngerechtigkeit. Aber sie definiert Kriterien, die eine Annäherung an eine „relative (Lohn-)Gerechtigkeit“ ermöglichen sollen:

  • Anforderungsgerechtigkeit: Wie schwierig ist eine Arbeit? Die Menschen sind sich weitgehend einig, dass derjenige, der eine komplizierte Ausbildung für seine Arbeit benötigt und mehr Verantwortung übernimmt, mehr verdienen soll als der mit einem niedrigeren Bildungsabschluss. Ein Arzt soll mehr verdienen als ein Maurer. Einigkeit besteht auch darüber, dass körperlich schwere und gefahrvolle Arbeit besser bezahlt werden sollte. Doch ist dies wirklich gerecht? Mit Blick auf die Bildung darf man nicht übersehen, dass es bei der Verteilung der Intelligenz die Gesellschaft gespalten ist. 50 Prozent besitzen einen IQ von unter 100 und die anderen von über 100. Folglich ist eine wirkliche Gerechtigkeit durch die natürlichen Unterschiede in der Veranlagung – denken Sie auch an die Muskelkraft, Ausdauerfähigkeit, besondere Begabungen und vieles mehr – nicht gegeben.
  • Leistungsgerechtigkeit: Klar, mehr Leistung soll höher bezahlt werden als weniger Leistung. Die Näherin am Fließband, die in der Stunde vier Hosen mehr schafft als ihre Kollegin, soll auch mehr Lohn bekommen. Doch bringt jeder die gleichen Fähigkeiten für flinkes Arbeiten mit? Liegt es wirklich nur am Wollen und wie sieht es mit dem Unterschied zwischen Jung und Alt aus? Auf der anderen Seite brauchen wir den Anreiz für Mehr-Leistung im Lohnsystem.
  • Verhaltensgerechtigkeit: Honoriert wird das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber seinen Kollegen (Teamfähigkeit), gegenüber Vorgesetzten beziehungsweise Kunden. Aber auch der sorgsame Umgang mit Maschinen, dem anvertrauten Know-how sowie eine gewisse Loyalität zum Unternehmen spiegeln sich in der Höhe des Lohns wider. Wer 20 Jahre im Unternehmen arbeitet, bekommt mehr als ein Anfänger. Doch auch hier finden wir Ungerechtigkeiten. Ist „Altern“ wirklich ein Verdienst? Schöne Menschen verdienen mehr als die anderen. Ihre Ausstrahlung ist den Unternehmen im Außendienst, im direkten Kundenkontakt bis zu 10 Prozent mehr Lohn wert.
  • Sozialgerechtigkeit: Im Lohn müssen sich soziale und sozialpolitische Anliegen einer Gesellschaft widerspiegeln.  Dazu gehören zum Beispiel Lohnfortzahlung  im Krankheitsfall, Beiträge zur  Altersvorsorge, Unfall-, Kinder- und Familienzulagen sowie gleicher Lohn für Mann und Frau. Angesichts der Tatsache, dass sechs Millionen oder mehr Niedriglohnbezieher (nach derzeitiger Rentenformel) keine Chance auf eine auskömmliche Rente haben werden und Altersarmut tatsächlich die Gesellschaft bedroht, ist es mit der Gerechtigkeit nicht weit her.
  • Marktgerechtigkeit: Darunter versteht man, dass die gezahlten Löhne den Spielregeln des Marktes entsprechen müssen. Verdient ein Unternehmen oder eine Branche sehr gut, dann kann es auch höhere Löhne bezahlen. Der individuelle Anteil des Arbeitnehmers  an der Wertschöpfung ist sehr unterschiedlich. In der Chemieindustrie zum Beispiel ist er sehr hoch. Wenige Mitarbeiter erwirtschaften dort Millionenbeträge. Demgegenüber ist zum Beispiel in der Dienstleistung und in den sozialen Diensten die Wertschöpfung sehr gering. Auch regionale Unterschiede gehören dazu. In München verdient man mehr als in Frankfurt (Oder) – ist das alles gerecht?

Sie sehen, wie komplex und schwierig die Beantwortung der Frage nach einem „gerechten Lohn“ ist. Jeder Marktteilnehmer beantwortet sie für sich und je nach Situation fällt die Antwort unterschiedlich aus.

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